5 Gründe, wieso Sie Ihrem Tierarzt einfach mal „Danke“ sagen sollten

Tierärzte kümmern sich den ganzen Tag (und manchmal auch die ganze Nacht) um verletzte und kranke Tiere – und deren teilweise verzweifelte Besitzer.

Dabei vergessen sie leider oft, sich um sich selbst zu kümmern: Tierärzte belegen in vielen westlichen Ländern regelmäßig den ersten Platz in der Selbstmordstatistik. Und auch Depressionen und Burn Outs sind ein stark verbreitetes Problem unter Tierärzten.

Überrascht? Damit sind Sie nicht alleine. Über dieses Thema wird nicht viel gesprochen.

Dabei wäre das so wichtig. Lassen Sie uns also mal darüber reden, was den Tierarzt-Beruf so belastend macht. Und wieso es Tierärzten so viel bedeutet, wenn man als zufriedener Patientenbesitzer einfach mal „Danke“ sagt.

1) Tierärzte tragen große Verantwortung – und leiden oft unter Selbstzweifeln

Wissen Sie, wieso die meisten Tierärzte Tierärzte geworden sind? Weil sie Tiere wirklich lieben und ihnen helfen wollen. So einfach ist das.

Der absolut größte Teil der Tierärzte nimmt diese Aufgabe sehr ernst. Fehler dürfen nicht passieren, denn sie können tödlich für die uns anvertrauten Tiere enden. Aber natürlich passieren Fehler. Schließlich sind Tierärzte auch nur Menschen. Mit der großen Verantwortung geht bei den meisten Tierärzten deswegen ein hohes Maß an Selbstkritik und Selbstzweifeln einher.

Jeder Tierarzt, der schon ein paar Jahre in seinem Beruf gearbeitet hat, kann die Nächte gar nicht mehr zählen, in denen er nachts wachgelegen hat. Schlaflos vor Sorgen, ob man etwas übersehen hat, ob man etwas anders hätte machen sollen. Ob man den Hund oder die Katze nicht doch hätte retten können.

Diese Menge an Mitgefühl und Selbstkritik führt letztlich bei vielen Tierärzten zu Depression, einem Burn Out oder sogar zum Selbstmord.

2) Tierärzte müssen Tiere einschläfern

Ihr Tierarzt wird es sich in den meisten Fällen nicht anmerken lassen, aber es bricht uns jedes Mal das Herz, einen Hund oder eine Katze einzuschläfern. Natürlich gibt es Tiere, bei denen wir froh sind, dass wir die Möglichkeit haben sie von ihrem Leiden zu erlösen.

Aber gerade bei Tieren, die wir schon lange kennen oder die sich sonst immer gefreut haben uns zu sehen, ist es eine Qual die letzte Spritze zu setzen und sie damit – nennen wir es mal beim Namen – zu töten. Manche Fälle lassen uns auch Jahre später immer noch nicht los.

Neulich hat mir eine befreundete Tierärztin (die wirklich hervorragend in ihrem Job ist) erzählt, dass sie sich einen anderen Job suchen will. Sie kommt mit der massiven emotionalen Belastung beim Einschläfern von Tieren nicht mehr zurecht.

3) Wir dürfen nicht immer tun, was das Beste für unsere Patienten wäre

Wissen Sie was noch schlimmer ist, als Tiere einzuschläfern? Tiere einzuschläfern, die man hätte retten können – wenn der Besitzer nur früher gekommen wäre. Oder bereit wäre, 300 € für eine Behandlung zu zahlen. Oder die Medikamente zuhause so gegeben hätte, wie das besprochen war.

Das waren zumindest für mich immer die Momente, in denen mich der Beruf richtig fertig gemacht hat: Zu wissen es gäbe eine Möglichkeit, aber dann nicht dementsprechend handeln zu dürfen – sei es aus finanziellen Gründen, aus Ignoranz der Halter gegenüber dem Tier oder weil das ja so ein großer Aufwand wäre.

Für die meisten Tierärzte kommen die Tiere immer an erster Stelle. Es gibt da einen schönen Satz in der Berufsordnung für Tierärzte, der unsere Aufgabe eigentlich auf den Punkt bringt: „Der Tierarzt ist der berufene Schützer der Tiere.“.

Wenn man als Tierarzt nicht die nötigen Untersuchungen oder Behandlungen durchführen darf, weil die Besitzer das aus teils nachvollziehbaren, oft aber auch aus völlig unverständlichen Gründen nicht wollen – dann geht einem das richtig an die Nieren.

4) Harte Arbeitsbedingungen bei schlechter Bezahlung

Das Tiermedizinstudium dauert in Deutschland regulär 5 ½ Jahre. Es ist sehr hart, straff organisiert und gespickt mit unzähligen Zwischenprüfungen. Semesterferien sind keine „Ferien“, sondern vorlesungsfreie Zeiten, in denen man Prüfungen hat und dementsprechend lernen muss. Das typische „Studentenleben“ habe ich erst während meiner Doktorarbeit kennengelernt.

Im Job wird es dann nicht entspannter. Überstunden, Nacht- und Wochenenddienste gehören fast immer dazu und praktisch jeder Tierarzt wird im Laufe seines Berufslebens mehrmals von Tieren gebissen.

Da haben wir dann also lange studiert, sind hoch ausgebildet, leisten unter Einsatz unserer eigenen Gesundheit Notdienste und jede Menge Überstunden – da verdienen wir dann aber doch bestimmt auch viel Geld, oder?

Leider nein. Von unserem Verband wird ein Mindest-Einstiegsgehalt von 2.420 € empfohlen – bei 40 Wochenstunden. Nach 5 ½ Jahren hartem Studium. Und falls Sie nun denken: „Naja, das ist ja nur das MINDEST-Gehalt“ – leider liegt es auch in der Realität oft nicht höher. Wenn man die Schummeleien bei den Arbeitsstunden mitberücksichtigt, liegen viele junge Tierärzte sogar noch weit darunter (teilweise unter dem Mindestlohn).

Und auch für Tierärzte mit eigener Praxis ist die wirtschaftliche Situation teilweise nicht besser. Ich kenne Kollegen, die eine gut laufende Praxis haben und sich dennoch kein oder kaum Gehalt auszahlen können.

5) Geringe Wertschätzung

Und zu diesen harten Arbeitsbedingen, der emotionalen Belastung des Berufs und der schlechten Bezahlung kommt dann noch eine geringe Wertschätzung in der Gesellschaft.

Wissen Sie, wie oft ich schon Aussagen gehört habe, wie: „Ach, dann bist du also kein ECHTER Arzt“ oder „Das ist bestimmt schön, den ganzen Tag mit Hunden und Katzen zu kuscheln“.

Sie können mir glauben, dass solche Aussagen bei jedem Tierarzt der Welt den Blutdruck steigen lassen.

Und auch Anschuldigungen, dass wir alle von der Pharmaindustrie geschmiert werden und nur möglichst viel Kohle machen wollen (z.B. mit Impfungen) bringt uns regelmäßig in Rage. Glauben Sie nach den genannten Fakten und Zahlen wirklich, dass wir aus Geldgründen Tierärzte sind?

Das Gegenteil ist meist der Fall: in der Bemühung möglichst vielen Tieren eine gute medizinische Versorgung ermöglichen zu können, setzen viele Tierärzte die Preise viel zu niedrig an oder lassen Rechnungsposten „unter den Tisch fallen“.

Eine wirtschaftliche Praxisführung ist auf diese Weise aber nicht möglich. So geht unser Helfersyndrom im Moment leider oft auf unsere eigenen Kosten.

Fazit

Die meisten Tierärzte kümmern sich aufopferungsvoll um die ihnen anvertrauten Tiere – und das oft ohne Rücksicht auf die eigene körperliche und psychische Gesundheit oder finanzielle Lage.

Bitte geben Sie Ihrem Tierarzt dafür etwas zurück – ein Blumenstrauß, wenn es dem Tier wieder besser geht, ein paar Pralinen, ein Nikolaus zu Weihnachten, eine Danke-Karte (gerne mit einem Bild Ihres Tieres) oder auch nur eine positive Bewertung bei Google, Jameda und Co.

Solche kleinen Zeichen der Wertschätzung können einen riesengroßen Unterschied machen!

Und ohne jetzt pathetisch klingen zu wollen, aber ein paar nette Worte zum richtigen Zeitpunkt könnten Ihrem Tierarzt sogar das Leben retten.

Ihre Dr. Iris Wagner-Storz

Falls Sie selbst unter Selbstmordgedanken leiden, dann finden Sie hier Hilfe und Beratung:  Telefonseelsorge 0800/111 0 111, Deutsche Gesellschaft für Suizid-Prävention, Telefon 0921/28 33 01, Deutsche Depressionshilfe https://www.deutsche-depressionshilfe.de/start

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Dr. Iris Wagner-Storz von fellomed vor einer Betonwand

Über Dr. med. vet. Iris Wagner-Storz

Ich bin seit 2013 approbierte Tierärztin, Mutter einer kleinen Tochter und leidenschaftliche Leseratte. Mein Tiermediziner-Herz schlägt v.a. für die Dermatologie und Innere Medizin – und so habe habe ich meine Doktorarbeit auch in der Dermatologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München zum Thema Allergien beim Hund geschrieben. Ich bin selbst leidgeprüft, was Krankheiten bei den eigenen Haustieren angeht – und weiß wie wichtig ausführliche, korrekte Informationen sind, um die richtige Entscheidung für den geliebten Vierbeiner zu treffen. Aus diesem Grund ist fellomed ein Herzensprojekt für mich! Um Ihnen möglichst gute und aktuelle Informationen liefern zu können, versuche ich ständig dazuzulernen und mich fortzubilden – so bin ich beispielsweise auch Mitglied der International Society of Feline Medicine (ISFM) .

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