Akute lymphatische Leukämie (ALL) beim Hund
Die akute lymphatische Leukämie (ALL), umgangssprachlich auch als (weißer) Blutkrebs bezeichnet, ist zwar eine seltene Erkrankung bei Hunden, sie verläuft aber leider in der Regel tödlich. Die Symptome sind unspezifisch, sodass die Erkrankung nicht einfach zu erkennen ist. Lesen Sie hier das Wichtigste zu Symptomen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Krankheit (Tier): Steckbrief
Beschreibung
Die akute lymphatische Leukämie ist eine lebensbedrohliche Erkrankung! Betroffene Tiere müssen unbedingt und dringend beim Tierarzt vorgestellt und behandelt werden.
Bei der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) handelt es sich um eine Krebserkrankung des Knochenmarks bei der es zu einer unkontrollierten Vermehrung unreifer Lymphozyten (Gruppe der weißen Blutkörperchen) kommt.
Im Knochenmark findet die Bildung der Blutzellen statt, die im Körper lebenswichtige Aufgaben übernehmen. Zu den Blutzellen gehören die roten und weißen Blutkörperchen, sowie die Blutplättchen. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sind für den Sauerstofftransport zuständig und die Blutplättchen (Thrombozyten) sorgen für eine funktionierende Blutgerinnung. Die weißen Blutkörperchen sind die Abwehrzellen des Körpers und schützen die Hunde vor Krankheitserregern. Zu den weißen Blutkörperchen zählen auch die sogenannten Lymphozyten.
Bei der lymphatischen Leukämie vermehren sich unreife, entartete Lymphozyten unkontrolliert im Knochenmark, im weiteren Verlauf der Krankheit häufig auch in der Milz und anderen Organen. Diese unreifen Lymphozyten werden außerdem aus dem Knochenmark ins Blut abgegeben.
Sie sind nicht funktionsfähig und verdrängen zunehmend die gesunden Blutzellen – also die roten Blutkörperchen, Abwehrzellen und Blutplättchen. Dadurch fehlen dem Körper lebenswichtige Zellen. So kommt es bei einem Mangel an roten Blutkörperchen zu einer „Blutarmut“ und die Organe werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Stehen dem Körper nicht mehr genügend funktionierende Abwehrzellen zur Verfügung, kann er sich nicht mehr gegenüber Krankheitserregern verteidigen. Durch diese Immuninkompetenz kann es schnell zu einer Blutvergiftung kommen. Der Mangel an Blutplättchen kann bei den erkrankten Hunden außerdem zu plötzlichen inneren Blutungen führen, die nicht mehr gestillt werden können. Da die akute lymphatische Leukämie sehr rasch und dramatisch verläuft wird sie als akut bezeichnet.
In manchen Fällen kann es schwierig sein eine akute lymphatische Leukämie von einem weit fortgeschrittenen Lymphom zu unterscheiden. Bei beiden Erkrankungen kommt es zu einer Entartung der Lymphozyten und die Symptome können sehr ähnlich sein.
Ursachen und Risikofaktoren der akuten lymphatischen Leukämie
Bis heute konnte keine eindeutige Ursache und kein Auslöser für die akute lymphatische Leukämie gefunden werden. Man geht davon aus, dass vor allem genetische (erbliche) Faktoren eine Rolle in der Entstehung dieser Krebserkrankung spielen.
Beim Menschen kann durch ionisierende Strahlung und spezielle Viren (Retroviren) eine akute lymphatische Leukämie ausgelöst werden. Ob diese auch beim Hund Auslöser sein können, ist noch nicht geklärt.
Symptome bei Hunden mit akuter lymphatischer Leukämie
Die Symptome einer akuten lymphatischen Leukämie sind leider eher unspezifisch. Die betroffenen Hunde wirken „krank“, sind teilnahmslos und wollen nicht fressen. Die Symptome können sich schnell entwickeln und innerhalb kurzer Zeit kann sich der Zustand deutlich verschlechtern.
- Sehr häufige Symptome:
- Gewichtsverlust/Abmagerung
- Appetitlosigkeit (Anorexie)
- Schwäche
- Teilnahmslosigkeit (Apathie)
- Häufige Symptome:
- Blasse Schleimhäute
- Punktförmige Blutungen auf Haut- oder Schleimhäuten (Petechien)
- vergrößerte Lymphknoten
- Vergrößerung der Milz und/oder Leber
- Gelegentlich auftretende Symptome:
- Erbrechen
- Durchfall
- Vermehrtes Trinken und vermehrter Urinabsatz
- Fieber
- Selten auftretende Symptome:
- Neurologische Auffälligkeiten
Untersuchungen und Diagnose der akuten lymphatischen Leukämie
Der Tierarzt wird zunächst versuchen möglichst viel über die Krankengeschichte (Anamnese) des betroffenen Hundes zu erfahren. So wird er beispielsweise fragen, welche Symptome beobachtet wurden, wie lange diese schon bestehen und ob der Hund in letzter Zeit Medikamente erhalten hat.
Er wird außerdem eine gründliche klinische Allgemeinuntersuchung durchführen. Da die Symptome der akuten lymphatischen Leukämie unspezifisch sind, muss der Tierarzt weitere spezielle Untersuchungen durchführen um eine Diagnose stellen zu können:
Blutuntersuchung
Bei Verdacht auf eine akute lymphatische Leukämie ist eine Blutuntersuchung unerlässlich. Die Erkrankung ruft deutliche Veränderungen im Blut hervor. In den meisten Fällen wird ein ausgeprägter Mangel an roten Blutkörperchen und Blutplättchen in der Untersuchung festgestellt. Die Zahl der weißen Blutkörperchen ist häufig erhöht, da die entarteten Lymphozyten auch im Blut kreisen (Lymphozytose).
Zusätzlich sollten die Blutzellen in einem sogenannten Blutausstrich unter dem Mikroskop beurteilt werden. Dabei können die Zellen nach dem Aussehen beurteilt und eventuelle Anzeichen einer Entartung festgestellt werden.
Punktion des Knochenmarks
Da es sich bei der akuten lymphatischen Leukämie um eine Krebserkrankung des Knochenmarks handelt und dort die Vermehrung der Tumorzellen stattfindet, ist eine Probenentnahme des Knochenmarks notwendig für die Diagnose. Für die Punktion des Knochenmarks ist eine Narkose notwendig.
Die entnommene Probe wird von einem Pathologen beurteilt, der die entnommenen Zellen auf bösartige Merkmale untersucht. In vielen Fällen kann dadurch eine Diagnose gestellt werden. Zur Sicherung der Diagnose können außerdem verschiedene immunhistochemische Untersuchungen eingeleitet werden. Dabei werden die Zellen der entnommenen Knochenmarksprobe oder des Blutausstrichs im Labor speziell angefärbt. Dadurch können die Tumorzellen von den gesunden Zellen unterschieden werden.
Eine Untersuchung des Knochenmarks kann außerdem bei der Unterscheidung von akuter lymphatischer Leukämie und Lymphom helfen. Lesen Sie hier mehr zum Lymphom beim Hund.
Ultraschalluntersuchung
Mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung kann der Tierarzt den Bauchraum und die Bauchorgane beurteilen. So können z.B. sehr gut Größe und Struktur von Leber und Milz untersucht werden, um festzustellen ob diese Organe von der akuten lymphatischen Leukämie betroffen sind.
Behandlung der akuten lymphatischen Leukämie
Bisher gibt es leider keine Behandlung durch die der erkrankte Hund geheilt werden kann. Die akute lymphatische Leukämie verläuft in aller Regel früher oder später tödlich. Durch eine intensive Therapie kann jedoch die Überlebenszeit verlängert und die Lebensqualität der Patienten verbessert werden. Ohne Therapie sterben die Hunde meist innerhalb weniger Tage oder Wochen.
Entscheidet man sich für eine Therapie, ist es wichtig diese so früh wie möglich zu beginnen.
Chemotherapie
Die wirksamste Therapie bei der akuten lymphatischen Leukämie ist eine intensive Chemotherapie. Die Chemotherapie-Medikamente, sogenannte Zytostatika, sollen die Tumorzellen so stark schädigen, dass sie absterben und der Krebs so zurückgedrängt wird. Leider spricht nur ein Teil der erkrankten Hunde auf die Chemotherapie an und auch die Dauer des Behandlungserfolgs ist begrenzt.
Für die Chemotherapie gibt es viele unterschiedliche Medikamente. Bei der akuten lymphatischen Leukämie wird in der Regel eine intensive, wöchentliche Chemotherapie mit mehreren Medikamenten empfohlen. Bei jeder Chemotherapie-Sitzung werden dem Hund über eine Infusion die Medikamente verabreicht.
Wenn die Hunde auf die Behandlung ansprechen, kann damit eine Besserung der Symptome erzielt und so die Lebenszeit verlängert werden. Irgendwann sprechen die Krebszellen jedoch nicht mehr auf die Medikamente an, weil sie resistent (unempfindlich) geworden sind.
Durch die Chemotherapie werden aber nicht nur die bösartigen Tumorzellen abgetötet, sondern auch gesunde Körperzellen (z.B. Blutzellen oder Darmzellen). Dadurch entstehen bei der Chemotherapie auch Nebenwirkungen, wie z.B. Erbrechen und/oder Durchfall, Müdigkeit, Appetitlosigkeit oder Blasenentzündung. Da die Dosierung der Medikamente beim Hund aber sehr viel geringer ist als beim Menschen, sind auch die Nebenwirkungen bei weitem nicht so stark ausgeprägt. Den Hunden geht es während der Chemotherapie in der Regel gut. Viele Hunde zeigen während einer Chemotherapie keine oder nur milde Nebenwirkungen. Treten Nebenwirkungen auf, wird der behandelnde Tierarzt die Dosierung oder das Medikament anpassen und versuchen die Nebenwirkungen zu lindern.
Den genauen Ablauf einer Chemotherapie beim Hund, sowie die Vor- und Nachteile können Sie hier nachlesen.
Bluttransfusion
Die akute lymphatische Leukämie führt zu einem starken Mangel an gesunden, lebenswichtigen Blutzellen. Aus diesem Grund ist bei den erkrankten Hunden häufig eine Bluttransfusion notwendig.
Antibiotika-Therapie
Durch den Mangel an gesunden Abwehrzellen sind die erkrankten Hunde nicht mehr ausreichend gegenüber Krankheitserregern, wie z.B. Bakterien geschützt. Deshalb kann eine Behandlung mit einem breit-wirksamen Antibiotikum notwendig sein.
Knochenmarkstransplantation
Beim Menschen wird die Knochenmarkstransplantation als Therapie der Leukämie eingesetzt und kann im besten Fall sogar zu einer Heilung der Erkrankung führen. Leider kann diese Therapieoption in der Tiermedizin noch nicht erfolgreich durchgeführt werden.
Prognose der akuten lymphatischen Leukämie
Die Prognose bei der akuten lymphatischen Leukämie ist leider sehr schlecht. Die erkrankten Hunde sterben in aller Regel früher oder später an der Erkrankung bzw. müssen eingeschläfert werden. Unbehandelt führt die Krankheit innerhalb weniger Tage oder Wochen zum Tod.
Durch eine Chemotherapie kann die Überlebenszeit in manchen Fällen verlängert werden. Jedoch sprechen nicht alle Hunde auf die Therapie an.
Vorbeugung der akuten lymphatischen Leukämie
Leider gibt es nach heutigem Wissensstand nichts, was man tun kann, um eine akute lymphatische Leukämie zu verhindern oder das Risiko einer Erkrankung zu senken.
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Über Dr. med. vet. Stefanie Mallmann
Tierärztin und fellomed-Mitgründerin Dr. Mallmann hat bis 2014 an der LMU München Tiermedizin studiert. Auch sie hat ihre Doktorarbeit in der Dermatologie der Medizinischen Kleintierklinik München geschrieben, anschließend aber auch noch ein Jahr in der Onkologie gearbeitet. Neben unserer Freundschaft verbindet uns beide die Liebe zu Tieren, ein hoher Anspruch an die Qualiät unserer Arbeit und ein ausgeprägtes Helfersyndrom – und so haben wir 2018 unsere Leidenschaften zum Beruf gemacht und gemeinsam fellomed gegründet. Mittlerweile hat meine liebe Kollegin fellomed leider verlassen, dennoch wird sie immer ein Teil dieses Projektes bleiben!