Radiojodtherapie bei Katzen mit Schilddrüsenüberfunktion

Von Mag. med. vet. Elisabeth Baszler und Priv.-Doz. Dr. Florian K. Zeugswetter | Veröffentlicht: 26. Dezember 2022

Die Radiojodtherapie ist bei Katzen mit Schilddrüsenüberfunktion (feline Hyperthyreose) die Therapie der Wahl. Sie zählt zu den irreversiblen Therapieformen und ist sowohl die schonendste als auch effektivste Behandlungsmethode. Im Gegensatz zu den reversiblen Therapie-Formen (wie Tabletten, Salben oder Spezialfutter) kann man damit die Schilddrüsenüberfunktion bei Katzen – je nach Studie – in 90-95% der Fälle heilen.

Erfahren Sie in diesem Artikel von Tierärzten alles, was Sie über die Radiojodtherapie bei Katzen wissen müssen – von Ablauf und logistischen Fragen bis hin zu Kosten und Nebenwirkungen!

Prinzip der Radiojodtherapie bei feliner Hyperthyreose

Jod wird selektiv über Jodid-Transporter von der Schilddrüse aufgenommen – eine Eigenschaft die gezielt bei der Radiojodtherapie ausgenutzt wird. Das Radionuklid 131Jod wird wie normales Jod von den krankhaft veränderten Schilddrüsenzellen aufgenommen und gespeichert. Die beim Zerfall freiwerdende Betastrahlung (eine direkt ionisierende Strahlung mit wenigen Millimetern Reichweite) schädigt und zerstört in Folge nur die angrenzenden Zellen. Das gesunde Gewebe wird im Idealfall verschont, und nimmt innerhalb von Tagen bis Monaten ihre normale Funktion wieder auf.

Für welche Katzen ist die Radiojodtherapie geeignet?

Die Radiojodtherapie gilt als die Therapie der Wahl sowohl bei gutartigen als auch bösartigen Tumoren der Schilddrüse. Da es sich bei der Hyperthyreose um eine progressive Erkrankung handelt, sollte sie vor allem bei jungen Tieren unbedingt in Erwägung gezogen werden.

Leider benötigt man für die erfolgreiche Therapie der seltenen bösartigen Tumore sehr hohe I131 Dosierungen mit langen Quarantänezeiten. Eine derartige Therapie wird derzeit nur an der veterinärmedizinische Universität Ghent (Belgien) angeboten. Eine Möglichkeit, die bei diesen Katzen jedoch auch in Österreich besteht, ist die Nachbehandlung von Restgewebe oder Metastasen nach der operativen Entfernung des Großteils des Tumors.

Wenig geeignet für diese Therapie sind Katzen mit fortgeschrittenen Nierenproblemen. Da Niereninsuffizienzen durch hohen Schilddrüsenwerte maskiert werden können, empfiehlt sich eine Vortherapie mit reversiblen Medikamenten (Thyreostatika). Sollten die Nierenwerte unter dieser Therapie nur geringgradig ansteigen, so ist die Katze dennoch ein geeigneter Kandidat für die Radiojodtherapie.

Blutdruckmessung bei einer Katze
Vor der Radiojodtherapie sollte der Gesundheitszustand der Katze erhoben werden – auf dem Bild erfolgt z.B. eine Blutdruckmessung. (Foto © Alexandra Eder/Vetmeduni Vienna)

Für welche Katzen ist eine Radiojodtherapie eher nicht geeignet?

Neben der fortgeschrittenen Niereninsuffizienz sind chronische Krankheiten nur dann problematisch, wenn aufgrund dieser Erkrankungen keine Kurznarkosen durchgeführt werden kann (z.B. schwere Herzerkrankung). Eine Abschätzung und Narkosefreigabe durch den überweisenden Haustierarzt ist daher immer notwendig.

Nicht zu empfehlen ist die Therapie bei Katzen von Schwangeren oder stillenden Müttern. Kinder unter 18, besonders aber unter 6 Jahren sollten zumindest zwei Wochen nach Heimgabe der Katze keinen Kontakt zu ihr haben.

Was ist besser: Radiojodtherapie oder eine Operation?

Die Vorteile der nicht-invasiven Radiojodtherapie liegen klar auf der Hand: Sie ist die schonendste und mit einer Heilungschance von 90-95% zugleich die erfolgreichste Therapieform der felinen Hyperthyreose. Nebenwirkungen treten bei den üblichen Dosierungen im Gegensatz zur Operation kaum auf.

Da in der Mehrzahl der Fälle beide Schilddrüsen betroffen sind, müssen bei der Operation meist beide Schilddrüsen entfernt werden. Die assoziierten Nebenschilddrüsen können dann kaum geschont werden und der Kalziumhaushalt wird massiv gestört. Die Nähe zu Gefäßen und Nerven birgt außerdem die Gefahr von Blutungen und massiven neurologischen Ausfällen wie Stimmbandlähmungen oder „Horner-Syndrom“ (= Nervenschädigung, bei der es klassischerweise zu einer Verengung der Pupille, einem Herabhängen des Augenlids und einem Vorfall des dritten Augenlids kommt). Operationen sind auch immer mit längeren Narkosen verbunden und das Risiko von Narkosezwischenfällen steigt.

Die OP ist nur dann Mittel der Wahl, wenn es sich um nachgewiesene Karzinome (bösartige Tumore) handelt und entsprechende Radiojoddosierungen aus Strahlenschutzgründen nicht verabreicht werden dürfen. Um Karzinome beziehungsweise versprengtes Schilddrüsengewebe zu erkennen empfiehlt sich vor jeder Operation eine Szintigraphie mittels Technetium 99m. Diese Untersuchung wird an der VETMEDUNI, Wien beispielsweise routinemäßig vor jeder Radiojodtherapie durchgeführt.

Wo kann man eine Radiojodtherapie durchführen lassen?

Aufgrund der hohen baulichen Strahlenschutz-Anforderungen wird die Radiojodtherapie nur in wenigen hochspezialisierten Tierspitälern durchgeführt.

Aktuell kann eine Radiojodtherapie z.B. in folgenden Kliniken der EU bzw. der Schweiz durchgeführt werden:

Wie lange ist die Wartezeit für einen Termin?

Das ist stark abhängig von der jeweiligen Klinik. In Wien können beispielsweise immer nur zwei Katzen pro Woche behandelt werden. Dementsprechend betragen die Wartezeiten dort derzeit 3-4 Monate. Termine für Szintigraphien zur Darstellung der Schilddrüsen ohne anschließende Radiojodtherapie sind innerhalb von 1-3 Wochen erhältlich.

Wie kann ich meine Katze zu einer Radiojodtherapie anmelden?

Idealerweise ist der Plan, eine Radiojodtherapie durchführen zu lassen, mit dem Haustierarzt abgesprochen. Der Haustierarzt händigt dem Besitzer dann eine schriftliche Überweisung mit allen Befunden aus und/oder schickt die Unterlagen direkt an die behandelnde Klinik.

  • Schriftliche Überweisung vom Haustierarzt
    • inkl. Krankengeschichte des Patienten (Impfstatus, Vorerkrankungen, Dauermedikamente, usw.)
  • Inkl. Narkose-Voruntersuchungen mit Freigabe
    • Blutbefunde (nicht älter als 2 Wochen)
    • kardiologisches Attest (nicht älter als 8 Wochen)

Darf meine Katze vor der Radiojodtherapie Medikamente erhalten?

Obwohl orale oder transkutane Thyreostatika die Aufnahme des I131 nicht vermindern, sollte die orale Therapie 5-7 Tage vor der Überweisung abgesetzt werden. Dies ist notwendig, da der T4 Wert derzeit neben dem klinischen Erscheinungsbild und der Tumorgröße in die Dosierungsberechnung einbezogen wird.

Andere Medikamente (z.B. Beta-Blocker, Amlodipin, ACE-Hemmer) können wie gewohnt in der verschriebenen Dosierung verabreicht werden.

Da eine vorangegangene Jod-arme Ernährung die Jodaufnahme der Schilddrüse erhöht und diesbezüglich noch keine Erfahrungen vorliegen, sollte eine Jod-arme Diät wie zum Beispiel y/d (Hill’s) bereits 4 Wochen vor der Überweisung abgesetzt werden.

Auf Salzwasserfische, Garnelen, Algen und alle jodhaltigen Medikamente muss kurz vor der Radiojodtherapie verzichtet werden. Das darin enthaltene Jod konkurriert mit dem Radionuklid um die Aufnahme in die Schilddrüse und vermindert den Erfolg.

Wie läuft eine Radiojodtherapie ab?

Die meisten Kliniken setzen die Therapie Anfang der Woche an. Das hat den praktischen Grund, dass Katzen in der Regel vor dem Wochenende wieder in häusliche Pflege zu ihren Besitzern entlassen werden können.

Vorbereitungen vor der Radiojodtherapie

Die Katzen sollten, im Hinblick auf die für die Szintigraphie notwendige kurze Narkose, zu diesem Termin zumindest 6 Stunden nüchtern sein. Die Narkose ist notwendig um manuelle Tätigkeiten am Tier nach der Injektion des radioaktiven Tc99m möglichst kurz zu halten, und um scharfe Bilder zu bekommen. Vorsedierungen vor einer eventuell notwendigen längeren Autofahrt (zum Beispiel mit Gabapentin) sind kein Problem und können auch mit einem kleinen Leckerli verabreicht werden.

Wenn die Katze z.B. am Montag den Termin für die Radiojodtherapie hat, sollte sie am besten ab Sonntag, 24 Uhr, nicht mehr gefüttert werden.

Der behandelnde Spezialist hat, wie bereits oben beschrieben, im besten Fall bereits eine schriftliche Überweisung mit allen Vorbefunden vom Haustierarzt des Patienten erhalten.

Tierärztin legt einer Katze einen Venenzugang
Vor der Radiojodtherapie wird den Katzen ein Venenzugang gelegt. (Foto © Alexandra Eder/Vetmeduni Vienna)

Nach einer kurzen klinischen Untersuchung wird ein Venenzugang gesetzt und Blut zur Erhebung der aktuellen Schilddrüsen und Nierenwerte abgenommen. Danach werden die Tiere in den gesperrten Strahlenschutzbereich verbracht, wo sie 5-6 Tage verbleiben. Da viele Tiere spezielle Medikamente bekommen, oder nur bestimmte Futtermittel vertragen, sollten in jedem Fall ausreichend Medikamente und Futter für zumindest eine Woche mitgegeben werden.

Aus Strahlenschutzgründen dürfen Decken, Kuscheltiere oder sonstige persönliche Gegenstände, die für den stationären Aufenthalt mitgegeben werden, den Strahlenschutzbereich nicht mehr verlassen.

Im Gegensatz zum Menschen, der bei einer Szintigraphie bzw. Radiojodtherapie die Medikamente häufig als Kapsel verabreicht bekommt, wird den Katzen sowohl das Tc99m als auch das I131 meist über den Venenzugang verabreicht. Dies reduziert die Gefahr der Kontamination des behandelnden Personals, zum Beispiel wenn das Tier danach erbricht, und die aufgenommenen Mengen sind reproduzierbarer.

Die Szintigrafie

Wenn der Venenzugang sitzt, kann es endlich mit dem ersten Schritt – der Szintigraphie – losgehen!

Die Szintigraphie ist eine nuklearmedizinische Methode, mit der man die Schilddrüsen-Überfunktion mit sehr hoher Sicherheit diagnostizieren kann. Und nicht nur das: der Spezialist kann damit auch die Größe, Lokalisation sowie Anzahl der Knoten bestimmen. Viele unterschiedlich große, ineinander überfließende Knoten mit unscharfem Rand können für einen bösartigen Tumor sprechen. Eine eindeutige Unterscheidung zwischen gutartigem und bösartigem Tumor ist mit der Szintigraphie aber nicht möglich.

Gerät zur Szintigraphie von Katzen vor der Radiojodtherapie
In diesem Gerät werden bei der Szintigraphie die Aufnahmen der Schilddrüse gefertigt. (Foto © Elisabeth Baszler/1st Day Skills Academy)
Katze unter der Gammakamera
Für die Szintigraphie wird die Katze unter der Gammakamera positioniert. (Foto © Elisabeth Baszler/1st Day Skills Academy)

Der Patient bekommt das Radionuklid Technetium-Pertechnetat (Tc-99m), ein reiner Gammastrahler, als wässrige Lösung in die Vene injiziert. Es reichert sich innerhalb von wenigen Minuten in der Schilddrüse an und erste Aufnahmen mit der Gammakamera sind bereits nach 20 Minuten möglich.

Da Tc-99m, wie Jod, von der Schilddrüse aufgenommen wird und zudem eine kurze effektive Halbwertszeit von wenigen Stunden besitzt, ist es ideal geeignet. Die Injektion ist nicht schmerzhaft und Folgeschäden sind nicht zu erwarten. Die abgestrahlte Gammastrahlung ist gering und zum Zeitpunkt der Heimgabe hat die Strahlung dieses Nuklids keine Bedeutung mehr.

Die Angst, dass Reste des radioaktiven Schwermetalls im Körper verbleiben, ist unbegründet. Es wird nur eine minimale Dosis verabreicht und die effektive Halbwertszeit beträgt wenige Stunden.

Im Rahmen der Szintigraphie werden normalerweise mehrere Aufnahmen angefertigt und danach Größe, Volumen und die Tc99m-Aufnahme (Uptake, Schilddrüsen:Speicheldrüsen Quotient; Schilddrüsen:Hintergrund Quotient) berechnet. Derzeit wird nur die Größe in die Berechnung der Radiojod (131Jod)- Dosierung miteinbezogen.

Die Radiojodtherapie

Injektion eines Medikaments in den Venenzugang einer Katze
Injektion des radioaktiven Jods bei der Radiojodtherapie. (Foto© Elisabeth Baszler/1st Day Skills Academy)

Die Berechnung der Radiojoddosierung erfolgt derzeit auf Basis der Klinik, des aktuellen T4-Wertes (ein Schilddrüsenwert) und der Tumorgröße. Bei sehr milder klinischer Symptomatik und sehr kleinen Knoten wird oft nur 74 MBq, bei extremeren Formen aber bis zu 185 MBq verabreicht. Das ist also ganz individuell und von Katze zu Katze unterschiedlich. Bei den sehr seltenen Schilddrüsen-Karzinomen sind 10 bis 20fach höhere Dosierungen notwendig. Eine derartige Therapie wird derzeit zum Beispiel in Gent (Belgien) angeboten.

Eine Szintigraphie ist vor einer Radiojodtherapie nicht unbedingt notwendig, ist aber eine große Hilfe bei der Berechnung der optimalen individuellen Radiojoddosierung.

Nur wenige Minuten nach der Szintigraphie wird das radioaktive Jod über die Vene verabreicht, der Venenzugang entfernt und der Patient danach in den Käfig verbracht.

Sobald die Katzen ganz wach sind, bekommen sie ihre erste Mahlzeit. Da das verwendete Sedierungsmittel Propofol appetitanregend ist, wird das Futter meist sehr gut angenommen und mit großer Freude gefressen.

Es ist geschafft!

Zugegeben sind die nächsten 5 Tage wenig spannend und die Tagesaktivität beschränkt sich auf Essen und Schlafen. Die Käfige werden täglich gereinigt und notwendige Medikamente wie Herztabletten verabreicht.

Für viele Besitzer ist der stationäre Aufenthalt der Katze das größte emotionale Hindernis. Man muss sich allerdings im Klaren darüber sein, dass die Katze nach dieser Therapie zu über 90% geheilt ist und damit mit Abstand die längste Überlebenszeit gewährleistet ist.

Was sind 5 Tage an der Klinik im Vergleich zu einer längeren Lebenserwartung von vielen Monaten?

Die Patienten werden je nach gesundheitlichem Zustand mehrmals täglich von einem Tierarzt bzw. Assistenten untersucht. Da diese Personen eine spezielle Strahlenschutz-Ausbildung brauchen, kann das auch nicht jeder Angestellte der Klinik übernehmen. Das ist auch gleichzeitig der Grund, warum die Besitzer ihre Katzen in dieser Zeit nicht besuchen dürfen.

Wann dürfen Katzen nach einer Radiojodtherapie wieder nach Hause?

Nach 5 Tagen wird in einem Meter Abstand die vom Tier abgegebene Strahlung mit einem Geiger-Müllerzählrohr bestimmt und bei Unterschreiten vorgegebener Grenzwerte die Katze in häusliche Pflege entlassen. Hier gelten allgemeine Vorschriften der Strahlenschutzverordnung.

In den Fällen, in denen sehr hohe Dosierungen verabreicht werden müssen, kann sich die Quarantänezeit auf 6-7 Tage verlängern.

Was muss ich als Besitzer nach der Radiojodtherapie beachten?

Generell sollte man nach der Heimgabe darauf achten, ob sich die Katze normal verhält. Das bedeutet, sie sollte sich ihrem Wesen entsprechend verhalten, fressen, trinken, als auch Kot und Harn absetzen.

Körperkontakt

Auch wenn man den Stubentiger sehr vermisst hat, sollte enger Körperkontakt für die nächsten 2 Wochen vermieden und wenn immer möglich ein Abstand von 2 Metern eingehalten werden. Im Bett beim Besitzer schlafen oder lange am Schoß sitzen ist also keine gute Idee.

Da radioaktives Jod auch über den Speichel ausgeschieden wird und damit beim Putzen auf das Fell verteilt wird, sollte man sich nach dem Streicheln immer gut die Hände waschen.

Zu schwangeren oder stillenden Frauen sowie Kindern unter 18 Jahre sollten die Katzen wenn möglich KEINEN Kontakt haben.

Katzentoilette

Das radioaktive 131Jod wird vor allem über Harn, Kot und Speichel ausgeschieden.

Bei der Reinigung der Katzentoilette gilt also höchste Vorsicht und es bedarf maximaler Hygiene!

  • Die Hände sollte man sich prinzipiell immer nach dem Reinigen der Katzentoilette gewissenhaft mit Seife 30 Sekunden lang waschen.
  • Die Toilette sollte täglich und ausschließlich mit Einmal-Handschuhen gereinigt werden.
  • Kot und Harn muss in den ersten 14 Tagen gesammelt werden und danach noch einmal 2 Wochen gelagert werden. Danach kann es in den normalen Müll entsorgt werden. Dies ist notwendig, da an Mülldeponien Strahlenmessungen durchgeführt werden und schon bei kleinster Strahlenbelastung Alarm ausgelöst wird.
    • Am besten man besorgt sich vorab eine gut verschließbare Box und stellt sie z.B. in den Keller oder auf den Dachboden. Da Kot zu Schimmeln beginnt und stinkt, sollte man die täglichen Ausscheidungen zusätzlich in kleine Säckchen sammeln.
    • Sollte das Katzenstreu ein spezielles Einstreu sein, welches über die Toilette entsorgt werden kann, ist das auch unmittelbar nach einer Radiojodtherapie möglich.
    • ABER ACHTUNG: Bentonit- oder Silikatstreu darf KEINESFALLS über die Toilette entsorgt werden, da es sonst über kurz oder lang zu einer Verstopfung des Abflussrohres kommt!

Sollten sich weitere Katzen im Haushalt befinden, ist eine genaue Abgrenzung der Ausscheidungen kaum möglich und man sollte den Kot und Harn ALLER Katzen sammeln.

Andere Haustiere

Für andere Haustiere (Katzen, Hunde, usw.) stellt eine Katze nach Radiojodtherapie keine Gefahr dar. Zur Sicherheit sollte man aber sehr junge, trächtige oder stillende Tiere ebenfalls 2 Wochen von den behandelnden Katzen trennen.

Freigang

Besonders in der ersten Woche nach Heimgabe sollte man Freigang verhindern. Das Problem ist hier, dass Katzen gerne Sandspielplätze aufsuchen und hier eine Gefahr für die Kinder auftreten kann. Außerdem könnte die Katze nach einem Unfall beim Tierarzt oder im Tierschutzhaus landen, wo niemand von der Gefährdung weis. Ein Markerl mit „Vorsicht radioaktiv“ kommt, wie man sich vorstellen kann, bei den Nachbarn nicht gut an.

Im Übrigen werden auch Menschen, die mit ähnlich niedrigen Strahlungs-Dosen behandelt werden, angehalten, sich in den ersten Tagen sozial zu isolieren. Das bedeutet, sie sollten keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen und Menschenansammlungen meiden. Dazu gehört auch, dass sie alleine im Bett schlafen und Körperkontakt zum Partner vermeiden!

Nachkontrolle beim Haustierarzt

Wenn es der Katze gut geht und sie keine Symptome einer kurzfristigen Nebenwirkung der Radiojodtherapie zeigt (siehe Nebenwirkungen weiter unten), sollten nach 1, 3 und nach 6 Monaten die Nierenwerte und Schilddrüsenwerte kontrolliert werden. Hier geht es vor allem um das Erkennen einer Schilddrüsenunterfunktion bei steigenden Nierenwerten. In diesen Fällen kann eine vorübergehende Substitutionstherapie helfen. Sollten die Schilddrüsenwerte 4-6 Monate nach Therapie noch erhöht sein, so kann die Therapie wiederholt werden.

Komplikationen der Radiojodtherapie

Leider hat alles was wirkt, auch potentiell Nebenwirkungen.

Eine sehr seltene kurzfristige und von den Autoren noch nicht beobachtete Nebenwirkung der Radiojodtherapie kann eine Rachenentzündung (Laryngitis/Pharyngitis) sein, die jedoch von selbst nach einigen Tagen wieder abklingt.

In 5-10% der Fälle nehmen auch gesunde Zellen radioaktives Jod auf und es entsteht eine bleibende Schilddrüsenunterfunktion (iatrogene Hypothyreose). Da man diese mit Schilddrüsenhormonen gut behandeln kann, ist das nicht grundsätzlich ein Problem. Kurze Zeit nach der Therapie sind vorübergehende Unterfunktionen sehr häufig, da das gesunde Gewebe nach Zerstörung der Tumorzellen im Schlafmodus ist und erst wieder aktiv werden muss. In diesen Fällen wird eine Therapie nur bei stark ansteigenden Nierenwerten (Kreatinin über 2,5 mg/dl) empfohlen.

Kurz nach der Therapie ist der Schilddrüsenwert TSH kein sensitiver Parameter, spätestens nach 6 Monaten ist die TSH-Messung aber der derzeitige Goldstandard zum Erkennen einer Hypothyreose der Katze in der Praxis. Auch bei einem niedrig normalem T4 mit Symptomen wie Mattigkeit, Gewichtszunahme und stumpfem, schuppigem Haarkleid sollte man eine TSH-Messung anschließen. Natürlich wäre auch hier eine Szintigraphie möglich und überlegen.

Eine Schilddrüsenunterfunktion ist aber wesentlich harmloser als eine Schilddrüsenüberfunktion, weil der Tumor weg ist! Dennoch sollte die Schilddrüsenunterfunktion vor allem in Hinblick auf die Lebensqualität und Nierenfunktion behandelt werden. Die Samtpfoten erhalten dann – wie Hunde auch – Schilddrüsenhormone zur Substitution (z.B. Forthyron©), aufgrund der kurzen Halbwertszeit bei der Katze aber immer zweimal täglich.

Wie viel kostet eine Radiojodtherapie bei Katzen?

In Wien kostet eine Radiojodtherapie derzeit (Stand 12/2022) etwa 1500,- Euro. Darin enthalten sind die Szintigraphie, die Bestimmung der aktuellen Schilddrüsenwerte, die Radiojodtherapie, der stationäre Aufenthalt mit mehrmaligen täglichen Kontrollen, Futter, und Bestimmung der Strahlung bei Heimgabe. Zusätzlich werden die Tierhalter täglich per Telefonanruf oder Mail über das Wohlbefinden des Patienten informiert!

Das ist recht viel Geld auf einmal, rechnet sich aber innerhalb etwa eines Jahres. Das liegt daran, dass die reversiblen Therapien – also die Medikamente – auf Dauer gerechnet sehr teuer sind (ab ca. 30 Euro/Monat je nach Präparat und Stärke) und die Patienten lebenslang zumindest alle 6 Monate zur Kontrolle einem Tierarzt vorgestellt werden sollten, um die Einstellung zu kontrollieren.

Fazit zur Radiojodtherapie bei Katzen mit Schilddrüsenüberfunktion

Schlafende Katze
Nach der Radiojodtherapie ist die Katze geheilt, glücklich und gesund zurück bei ihren Haltern. (Foto © Gertraud Richter)

Die Radiojodtherapie ist die effektivste und schonendste Therapieform der felinen Hyperthyreose. Die Chancen auf eine komplette Heilung der Schilddrüsenüberfunktion stehen mit 90-95% sehr gut und die Kosten halten sich im Rahmen. Diese Therapie-Variante ist also mit entsprechender Vorbereitung (Narkosefreigabe) und ein wenig Umständen nach der Heimgabe (Ausscheidungen sammeln) keine große Sache.

Wenn man überlegt, dass man im Gegenzug zu diesen wenigen stationären Tagen das Leben seiner Katze um durchschnittlich 1-4 Jahre verlängert, sollte man sich einen Ruck geben und aus Liebe zu seiner Katze über seinen Schatten springen ;).

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Tierärztin Elisabeth Baszler

Über Mag. med. vet. Elisabeth Baszler

Gastautorin Elisabeth Baszler ist Fachtierärztin für Kleintiere und hat zuletzt an der VetMedUni Vienna gearbeitet. 2022 hat sie nun ihren Traum wahr gemacht und die 1st Day Skills Academy gegründet. Dort vermittelt sie mit viel Herzblut und Wissen unseren jungen (angehenden) Tierarztkollegen alle praktischen Skills, die sie für den Arbeitsalltag brauchen! Außerdem hält sie regelmäßig Vorträge für Hunde- und Katzenhalter, in denen sie ihnen u.a. Themen wie Erste Hilfe und Notfälle bei unseren Haustieren näherbringt. Die erfahrene österreichische Kollegin ist selbst begeisterte Katzen- und Hundehalterin – auf dem Bild sehen wir sie mit ihrer Katze Stöpsi!

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Priv.-Doz. Dr. Florian K. Zeugswetter mit Katze

Über Priv.-Doz. Florian K. Zeugswetter

Der erfahrene Kollege und Gastautor Priv.-Doz. Dr. Zeugswetter ist Experte für Endokrinologie und Nuklearmedizin. Seit 2002 praktiziert, lehrt und forscht der geborene Österreicher an der VetMedUni Wien und ist seit 2021 zusätzlich Verantwortlicher für die Abteilung „Szintigraphie und Radiojodtherapie bei Katzen“. Als Mitglied der European Society of Veterinary Endocrinology liegen seine Forschungsschwerpunkte in der endokrinen Diagnostik und Therapieüberwachung.


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