Geschirr oder Halsband – was ist besser?

Ist ein Geschirr wirklich besser für den Hund?

Mein Hund trägt beim Spazierengehen die meiste Zeit ein Halsband und mag dieses eigentlich auch sehr gerne. Letzte Woche wurden wir von einer Bekannten darauf angesprochen, dass das äußerst schädlich für den Hund ist und ich doch unbedingt auf ein Geschirr umsteigen soll. Stimmt das denn wirklich? Ist ein Geschirr viel besser für den Hund als ein Halsband?
Tierarztfrage vom 16.08.2018

Antwort von Tierärztin Dr. Stefanie Mallmann:

Geschirre bevorzugt

Diese Frage kann man sicherlich aus mehreren Blickwinkeln betrachten. Aus tiermedizinischer Sicht sind wir der Meinung, dass ein gut sitzendes Hundegeschirr einem Halsband in den meisten Fällen vorzuziehen ist – und zwar aus folgenden Gründen:

Wie jeder Hundebesitzer sicherlich bestätigen kann, sind die Kräfte, die bei einem angeleinten Hund auf Halsband oder Geschirr einwirken, in manchen Fällen extrem hoch – z.B. wenn der Vierbeiner plötzlich in die Leine springt, heftig daran zieht oder wir als Besitzer an der Leine rucken. Nicht immer lässt sich so eine Situation vermeiden und manche Hunde haben auch generell Probleme damit, locker an der Leine zu laufen.

Wie der Name schon sagt, wird das Halsband um den Hals des Hundes angelegt – einem äußerst sensiblen Körperbereich, in dem viele wichtige Strukturen wie z.B. Hauptschlagader, Kehlkopf, Speise- und Luftröhre, Schilddrüse und Halswirbelsäule dicht beieinanderliegen. Die Kräfte, die durch die Leine entstehen, wirken durch die geringe Auflagefläche des Halsbandes auf eine sehr kleine Fläche ein und sind dadurch extrem stark.  Dies verursacht bei den Vierbeinern nicht nur Schmerzen, die empfindlichen Strukturen im Halsbereich können auch schnell ernsthaft verletzt werden.

Als Folgen können z.B. Wirbelsäulenverletzungen oder Kehlkopfentzündungen auftreten. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass die Schilddrüse durch den dauerhaften oder plötzlichen Druck des Hundehalsbandes gereizt und geschädigt werden könnte. Es ist durchaus denkbar, dass dadurch eine chronische Entzündung in der Schilddrüse entsteht, die sich langfristig evtl. zu einer Schilddrüsenunterfunktion – auch Hypothyreose genannt – entwickeln könnte.

Das spricht fürs Geschirr

Ein Geschirr verteilt – durch seine größere Auflagefläche – die auf den Hund einwirkenden Kräfte in aller Regel besser und vor allem auf eine größere Körperoberfläche. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass das Hundegeschirr optimal passt und sitzt. Vor allem die Schulterpartie sollte ausreichend Platz haben, damit sich die Vorderbeine frei und in einem korrekten Bewegungsablauf bewegen können. Kann der Hund die Schulter nämlich nicht einwandfrei bewegen, kann es zu Fehlhaltungen und dadurch langfristig zu Problemen am Bewegungsapparat kommen. Zu kleine Geschirre können außerdem scheuern und äußerst unangenehm für die Vierbeiner sein, zu große verhindern wiederum die optimale Kraftverteilung und das Tier kann schnell herausschlüpfen. Die richtige Wahl des Geschirres ist also extrem wichtig und Sie sollten sich beim Kauf durch fachkundiges Personal oder einen Tierarzt beraten lassen.

Selbstverständlich können plötzliche und starke Impulse durch die Leine auch bei Verwendung eines Geschirrs beim Hund Schmerzen und Schäden verursachen. Deshalb ist ein Geschirr auch keine Ausrede dafür, mit dem eigenen Vierbeiner nicht an der Leinenführigkeit zu arbeiten.

Fazit:

Die Verletzungsgefahr für den Hund ist bei einem Halsband prinzipiell größer als bei einem gut sitzenden Geschirr. Vierbeiner die an der Leine viel ziehen oder öfter nach vorne preschen, sollten definitiv ein Geschirr tragen. Nichtsdestotrotz ist ein Halsband aber nicht per se schlecht und bei Vierbeinern, die überwiegend im Freilauf unterwegs sind bzw. einwandfrei an der lockeren Leine laufen, spricht auch nichts dagegen. Im besten Fall ist Ihr Vierbeiner an beides gewöhnt und Sie können je nach Situation entscheiden, was die bessere Wahl ist. Meine Hündin Lotta z.B. trägt in der Regel beim Spaziergang ein Geschirr, bei kurzen Strecken oder entspannten Abendrunden hat sie aber auch mal ein Halsband an.

Absolute No-Gos aus medizinischer und tierschutzrechtlicher Sicht sind:

  • Schleppleine am Halsband
  • Stachelhalsbänder
  • Erziehungsleinen, die extrem dünn sind und direkt im Genick angelegt werden
  • Würgehalsbänder bzw. eng eingestellte Zugstop-Halsbänder
  • Kopfhalfter, wie z.B. „Halti“
  • Erziehungsgeschirre, die sehr dünn sind und durch starken Druck in den Achseln den Hund vom Ziehen abhalten sollen
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Tierärztin Stefanie Mallmann

Über Dr. med. vet. Stefanie Mallmann

Tierärztin und fellomed-Mitgründerin Dr. Mallmann hat bis 2014 an der LMU München Tiermedizin studiert. Auch sie hat ihre Doktorarbeit in der Dermatologie der Medizinischen Kleintierklinik München geschrieben, anschließend aber auch noch ein Jahr in der Onkologie gearbeitet. Neben unserer Freundschaft verbindet uns beide die Liebe zu Tieren, ein hoher Anspruch an die Qualiät unserer Arbeit und ein ausgeprägtes Helfersyndrom – und so haben wir 2018 unsere Leidenschaften zum Beruf gemacht und gemeinsam fellomed gegründet. Mittlerweile hat meine liebe Kollegin fellomed leider verlassen, dennoch wird sie immer ein Teil dieses Projektes bleiben!


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