Stress und Angst bei Katzen: 33 Tipps
Wenn Katzen Stress empfinden und sich in ihrem Zuhause nicht (mehr) wohl fühlen, kann das schwerwiegende Folgen haben: sie können anfangen, neben das Katzenklo zu pinkeln oder sogar richtig krank werden. Häufig ist es aber gar nicht so leicht zu erkennen, ob ein Stubentiger Stress oder Angst hat.
Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen und wie Sie den Stress und die Angst Ihrer Katze reduzieren und behandeln können.
Symptome und Anzeichen von Stress und Angst bei Katzen
Akute Angst/akuter Stress
Plötzliche Angst bzw. plötzlicher Stress (wie z.B. an Silvester, beim Autofahren oder wenn der Staubsauger läuft) ist relativ einfach zu erkennen. Die Katze:
- Flieht oder erstarrt in einer geduckten Körperhaltung (Körper tief am Boden, Schwanz unter dem Körper)
- Hat möglicherweise ein aufgestelltes Fell und einen buschigen Schwanz
- Kann fauchen oder knurren
- Hat weit aufgerissene Augen mit großen Pupillen (sehr viel „Schwarz“ im Auge zu sehen) und angelegte Ohren
- Zittert und/oder atmet schnell
- Reagiert bei Annäherungsversuchen gar nicht oder sogar aggressiv
- Setzt möglicherweise unkontrolliert Urin oder Kot ab
Chronischer Stress/chronische Angst
Die Anzeichen von chronischem Stress sind oft schwieriger zu entdecken. Folgende Symptome können Hinweise darauf sein, dass Ihre Katze betroffen ist:
- Sie schnurrt weniger oder gar nicht mehr
- Sie spielt nicht mehr so viel
- Sie wirkt nervös, angespannt und schreckhaft
- Sie zieht sich aus dem Familienleben zurück und versteckt sich viel
- Sie verhält sich teilweise aggressiv gegenüber Artgenossen und/oder Menschen
- Sie hat weniger Appetit als früher oder schlingt das Futter plötzlich runter
- Sie pinkelt oder kotet in die Wohnung – z.B. in Betten oder auf Teppiche
- Sie markiert mit Urin (dabei sprühen Katzen im Stand und mit erhobenem Schwanz einen Urinstrahl gegen vertikale Oberflächen, z.B. Wände)
- Sie vernachlässigt ihre Fellpflege und hat ein struppiges Fell ODER sie putzt sich extrem viel, fast zwanghaft – teilweise bis hin zur Haarlosigkeit
Folgen von chronischem Stress bzw. ständiger Angst
Wenn Sie bei Ihrer Katze diese Anzeichen oder Symptome erkennen, sollten Sie unbedingt handeln: denn chronischer Stress kann Katzen krankmachen!
Sehr oft entwickeln die betroffenen Samtpfoten eine idiopathische Blasenentzündung (FLUTD) – vor allem bei Katern kann es dabei zu einem lebensbedrohlichen Harnröhrenverschluss kommen.
Eine weitere häufige Folge sind Erkrankungen der Atemwege (z.B. Katzenschnupfen) mit Symptomen wie Nasen- und Augenausfluss, dunklen Krusten an den Augen, Schniefen und Niesen.
Stress und Angst können Stubentigern aber auch auf den Magen-Darm-Trakt schlagen und zu Erbrechen, Durchfall oder Abmagerung führen. Andererseits kann es aber auch zu Übergewicht, Aggressivität oder übermäßigem Putzverhalten (bis hin zur Haarlosigkeit) kommen.
Und nicht zuletzt verlieren gestresste Miezen oft ihre Stubenreinheit und pinkeln in die Wohnung oder markieren mit Urin (oder sogar Kot). Lesen Sie hier mehr über Ursachen und Behandlung von Unsauberkeit bei Katzen.
Ursachen von Stress und anhaltender Angst bei Katzen
Grundsätzlich gilt: manche Stubentiger sind hart im Nehmen und lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen, andere wiederum sind sehr sensibel und reagieren schon auf kleine Störungen mit Stress.
Häufige Ursachen für Stress und Angst bei Katzen sind:
- Konflikte zwischen zusammenlebenden Tieren
- Offene Kämpfe oder
- Stille Auseinandersetzungen (häufig, aber schwer zu erkennen; bleiben deshalb oft unbemerkt. Typische Anzeichen dafür finden Sie in Tabelle 1.)
- gefühlter Mangel an Ressourcen wie z.B. Wasserstellen, gute Verstecke/Liegeplätze oder Katzenklos
- häufigste Ursache von Konflikten zwischen Katzen im gleichen Haushalt
- tritt auch auf, wenn aus menschlicher Sicht eigentlich alles ausreichend vorhanden ist
- Bsp.: Nur ein Katzenklo vorhanden (oder zwei direkt nebeneinander) → die ranghöhere, dominante Katze beansprucht es für sich und verweigert dem unterlegenen Artgenossen den Zugang (zumindest zeitweilig) → Stress für die unterlegene Katze
- Zu wenig Platz (Wohnung zu klein oder zu viele Artgenossen in einem Haushalt)
- Gefühlte Bedrohung z.B. durch
- Im Haushalt lebenden Hund
- Fremde Katzen, die ins Revier eindringen (auch bei reiner Wohnungshaltung, wenn eine fremde Katze z.B. durchs Fenster gesehen wird)
- Laute, hektische Personen
- Größere Menschengruppen (z.B. bei Partys)
- Menschen (v.a. Kinder), die ihnen hinterherlaufen und sie hochheben
- Streit und Anspannung bei „ihren“ Menschen
- Einsamkeit, Langeweile oder Unterforderung
- Bei zu wenig Beschäftigung und Zuwendung durch Menschen und/oder Artgenossen
- z.B. wenn die Katze einen großen Teil des Tages alleine ist
- Veränderungen im Lebensumfeld der Mieze, z.B.
- Verlust der Bezugsperson oder des Partnertiers
- Umzug, Renovierung, neue Möbel
- Neue „Mitbewohner“ (z.B. Katzen, Hunde, Baby, Partner)
- Neue Futter- oder Katzenstreusorte
- Ungewohnte Geräusche (z.B. Schreien eines Babys) oder Gerüche (z.B. neue Wandfarbe, neues Parfüm)
- Wegfall des Freigangs
Achtung: Auch Krankheiten und Schmerzen können die Ursache für Stress und seine Symptome sein! Wenn Sie also keinen offensichtlichen Grund für die Stress-Anzeichen Ihrer Katze finden, sollten Sie sie unbedingt von einem Tierarzt untersuchen lassen.
Tabelle: Anzeichen für stille Kämpfe zwischen Katzen im gleichen Haushalt. Diese können unbemerkt zu Stress und Angst führen.
Dominante Katze | Unterlegene, „bedrohte“ Katze |
---|---|
Verfolgt die unterlegene Mieze mit gesenktem Kopf und Nacken | Vermeidet es, der dominanten Katze zu begegnen und hält Abstand zu ihr, flieht bei Konfrontation |
Starrt die andere Katze an | Vermeidet Augenkontakt |
Stellt die Haare an Rücken und Schwanz auf, knurrt und grummelt, wenn sie die andere Katze sieht | Kauert sich zusammen, wenn ihr „Angreifer“ in der Nähe ist |
Verwehrt dem unterlegenen Artgenossen den Zugang zu Ressourcen wie Wasser- und Futternäpfen, Liegeplätzen und Katzenklos | Zieht sich viel zurück und versteckt sich |
Ergebnis: Empfindet ständige Bedrohung → führt zu Stress und Angst |
33 Tipps, wie Sie Stress bei Ihrer Katze reduzieren und verhindern können
Weil dauerhafter Stress und ständige Angst so schwere Folgen haben können, sollten Sie als Besitzer unbedingt handeln, wenn Sie deren Anzeichen entdecken.
Aber was kann man überhaupt tun? Das Wichtigste ist, die Ursachen für den Stress so gut wie möglich zu beseitigen und die Umwelt der Mieze ansprechender zu gestalten. So können Sie Ihrer Katze helfen, sich wieder zu entspannen und zu beruhigen.
Idealerweise optimiert man die Umgebung des Stubentigers natürlich schon, bevor es überhaupt zu Stress kommt.
Pheromone, Bachblüten und Beruhigungsmittel: unterstützende Stressbehandlung für die Katze
Manchmal ist der Stress so groß, dass er „nur“ mit Umgebungsanpassungen nicht in den Griff zu kriegen ist. Zum Glück gibt es weitere Möglichkeiten, die unterstützend verwendet werden können.
Dabei liegt die Betonung allerdings auf „unterstützend“! Denn alleine sind sie in aller Regel nicht ausreichend – das A und O bleibt die Optimierung der Lebensbedingungen!
Pheromone (Feliway®)
Pheromone sind Botenstoffe, die dazu dienen, Informationen zwischen Tieren der gleichen Tierart auszutauschen. Sie werden beispielsweise genutzt, um Reviere zu markieren. Wenn eine Katze ihr Kinn an Gegenständen (oder Menschen) reibt, überträgt sie dabei verschiedene Gesichts-Pheromone. Sie zeigt mit ihnen, dass sie sich im Bereich um diese Gegenstände (oder Menschen), wohl und sicher fühlt und diese „zu ihr“ gehören.
Eines dieser Gesichts-Pheromone wurde künstlich hergestellt und ist als Feliway®-Zerstäuber* für die Steckdose oder als Feliway®-Spray* erhältlich (Feliway® Classic). Es verbreitet das „Wohlfühl-Pheromon“ und soll der Katze so ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Bei manchen Katzen können Konflikte dadurch entschärft, Angst gemildert und Stress-Situationen (wie z.B. Autofahrten) erleichtert werden.
Obwohl die positive Wirkung grundsätzlich wissenschaftlich belegt wurde, scheint Feliway® leider nicht bei allen Katzen zu wirken. Weil es aber keine bekannten Nebenwirkungen hat (weder für Menschen noch für Tiere), kann es auf jeden Fall ausprobiert werden.
Nahrungsergänzungsmittel und Spezialfutter
Zylkene®
In Zylkene® ist ein natürliches Milchprotein enthalten, das ein entspannendes Gefühl auslösen soll – ähnlich wie nach dem Säugen von Muttermilch. Es soll unter Stress leidende Miezen entspannen und beruhigen. Wie bei Feliway® gilt aber: nicht bei jeder Katze wirkt es. Weil das Protein in Zylkene® (Alpha-Casozepin) aber aus Milch gewonnen wird und keine bekannten Nebenwirkungen aufweist, können Sie es einfach mal probieren. Zylkene® gibt es als Kapseln* oder also sog. Chews* (also eine Art Leckerli).
Relaxan®
Bei Relaxan®* handelt es sich um ein Ergänzungsfuttermittel in Tablettenform. Es enthält die Aminosäure L-Tryptophan in besonders hoher Konzentration. Tryptophan wird im Gehirn der Katze in den Botenstoff Serotonin umgewandelt – ein Stoff, der dafür bekannt ist, Gelassenheit, Ruhe und Zufriedenheit hervorzurufen. Angst, Stress und Kummer werden dagegen gehemmt. Aus diesem Grund wird Serotonin oft auch als „Glückshormon“ bezeichnet.
Wie gut Relaxan® bei einer Katze wirkt, scheint ebenfalls unterschiedlich zu sein. Zumindest sind aber auch hier keine Nebenwirkungen bekannt.
Royal Canin® Calm
Dieses Spezialfutter enthält sowohl den Wirkstoff von Zylkene® (Alpha-Casozepin) als auch den von Relaxan® (L-Tryptophan). Dementsprechend soll es bei längerfristiger Fütterung zur Entspannung und Beruhigung der unter Stress oder Angst leidenden Katzen kommen.
Allerdings: Auch hier ist die Wirkung nicht garantiert. Wenn Sie kein großer Fan von Kapseln und Tabletten sind, die Wirkstoffe aber trotzdem gerne ausprobieren möchten, könnte Royal Canin® Calm* jedoch die richtige Wahl für Sie sein.
Bachblüten und Rescue-Tropfen
Bei der Bachblüten-Therapie handelt es sich um ein alternativmedizinisches Verfahren, das der Homöopathie nicht unähnlich ist. Bei ihr sollen sogenannte Bachblüten-Essenzen zu einer Harmonisierung seelischer Gleichgewichtsstörungen führen. Jeder der 38 Bachblüten-Essenzen (z.B. Ulme oder Heckenrose) wird dabei eine bestimmte Wirkung zugesprochen.
Je nachdem, welche Beschwerden vorliegen, werden die Essenzen zu unterschiedlichen Mischungen zusammengestellt (als Tropfen oder Globuli). So enthalten Rescue-Tropfen* beispielsweise eine Mischung aus 5 verschiedenen Bachblüten, die bei akutem Stress bzw. akuter Angst helfen sollen (z.B. an Silvester oder bei Autofahrten).
Wissenschaftlich belegt ist die Wirksamkeit von Bachblüten nicht – manche Katzen-Besitzer schwören trotzdem auf diese Art der Behandlung. Weil die Globuli und Tropfen keine Nebenwirkungen haben, spricht nichts dagegen, eine Bachblüten-Therapie einfach mal zu versuchen.
Beruhigungsmittel und Antidepressiva
Vor allem in akuten Angst- oder Stress-Situationen (z.B. an Silvester, bei Autofahrten, nach Verlust des Partnertieres) kann es sein, dass all diese Tipps und Mittel einfach nicht ausreichen. Dann kann es nötig und auch sinnvoll sein, zu stärkeren Medikamenten zu greifen.
Beruhigungsmittel (Sedativa)
Beruhigungsmittel, wie Gabapentin oder Diazepam (z.B. in Valium®), können akute Angst kurzfristig sehr gut lindern. Ihre Wirkung hält aber nur einige Stunden an. Weil einige dieser Beruhigungsmittel die Katzen bei längerer Gabe auch abhängig machen können, sind sie nicht zur Behandlung von chronischem Stress geeignet.
Leider kann es bei diesen Medikamenten auch zu Nebenwirkungen kommen. Deswegen sollte genau mit dem Tierarzt besprochen werden, ob es wirklich Sinn macht, Beruhigungsmittel zu geben. Mehr Informationen über Beruhigungsmittel finden Sie im Artikel „Silvester mit Hund und Katze“.
Antidepressiva
Antidepressiva wirken dagegen erst, nachdem sie schon mehrere Wochen oder sogar Monate gegeben wurden. Für akute Stress- oder Angst-Situationen sind sie deswegen nicht geeignet. Bei chronischem Stress können sie dagegen beruhigend und angstlösend wirken. Leider können auch diese Medikamente Nebenwirkungen haben. Ihr Einsatz sollte also unbedingt gut abgewogen und mit einem – idealerweise auf Verhaltenstherapie spezialisierten – Tierarzt besprochen werden.
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Über Dr. med. vet. Iris Wagner-Storz
Ich bin seit 2013 approbierte Tierärztin, Mutter einer kleinen Tochter und leidenschaftliche Leseratte. Mein Tiermediziner-Herz schlägt v.a. für die Dermatologie und Innere Medizin – und so habe habe ich meine Doktorarbeit auch in der Dermatologie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München zum Thema Allergien beim Hund geschrieben. Ich bin selbst leidgeprüft, was Krankheiten bei den eigenen Haustieren angeht – und weiß wie wichtig ausführliche, korrekte Informationen sind, um die richtige Entscheidung für den geliebten Vierbeiner zu treffen. Aus diesem Grund ist fellomed ein Herzensprojekt für mich! Um Ihnen möglichst gute und aktuelle Informationen liefern zu können, versuche ich ständig dazuzulernen und mich fortzubilden – so bin ich beispielsweise auch Mitglied der International Society of Feline Medicine (ISFM) .